3. Die oberrheinische Tiefebene. 43
Dazu kommt, daß auf der linken Seite eine Anzahl von Städten bereits von
den Römern angelegt worden sind.
Was lehrt uns die Zahl und die Größe der Städte über
die Beschäftigung der Bewohner? Aus der starken Besiedeluug der
Rheinebene schließen wir, daß die Erwerbsverhältnisse äußerst günstige sein
müssen. Die Bewohuer können aber nicht bloß Landwirtschaft betreiben,
sondern werden sich auch durch andere Erwerbszweige nähren, wie das in
Thüringen auch der Fall ist.
Zusammenfassung: Die Besiedeluug der oberrheiuischeu Tiefebene.
3. Worin hat nun die starke Besiedelnng der oberrheinischen
Tiefebene ihren Grund?
Die Bodenerzeugnisse: Die oberrheinische Tiefebeue ist durch große
Fruchtbarkeit ausgezeichnet. Zwei Dinge sind es, die zu dieser Fruchtbar-
keit gauz besonders beitragen. Der größte Teil der Ebene ist nämlich von
einer ausgezeichneten Erdart bedeckt, die man Löß nennt. Das ist eine
Art Lehm, der nicht klebt — wie unser Lehm —, sondern sandig, locker
und seinpulverig ist. Zu diesem fruchtbaren Boden gesellt sich ein äußerst
mildes Klima. Unter allen deutschen Landschaften hat die oberrheinische
Tiesebene das mildeste Klima aufzuweisen. Wenn bei uns noch rauhe Winde
wehen und die Knospen und Keime noch in ihren Hüllen ruhe», da erfreut
sich das Rheinthal bereits des schönsten Frühlingswetters. Schon in der
ersten Hälfte des Aprils blühen die Kirschbäume, und bereits anfangs Juni
sind die Kirschen reif. Wenn oftmals auf den Bergen des Schwarzwalds
noch Schnee liegt, da sind Mandel- und Walnußbäume mit Blüten über-
deckt. Wogende Getreidefelder und ausgedehnte Obsthaine bedecken weite
Flächen, und die sonnigen Abhänge der Vorberge sind mit herrlichen Reben-
Pflanzungen geziert. Lange Alleen von edlen Kastanien- oder Walnußbäumen
sei. Bergstraße) ziehen sich zu beiden Seiten der Landstraßen dahin. Hopfen-
und Hanffelder wechseln mit ausgedehnten Tabak- und Spargelpflanzungen ab.
(Bilder!) Jede Gegend der oberrheinischen Tiefebene hat ihre besonderen Er-
zengnisse aufzuweisen. Wein und Obst liefert der fruchtbare Breisgau und
das Pfälzer Weinland; Hopfen und Tabak bringt in großer Menge die
Pfalz und die Heidelberger Gegeud hervor; guter Hanf wird im Hanauer
Land gebaut, während in der Mainzer und Wormser Umgegend Spargel
in reicher Fülle gezogen wird. Getreide, namentlich Weizen und Gerste,
wird fast iu allen Teilen der Rheinebene in großer Menge geerntet.
sachliche Vertiefung: Wodurch wird also die große Frucht-
barkeit der Rheinebene gekennzeichnet? In der Rheinebene gedeihen
viele Gewächse, die bei uns höchst selten und nur an besonders geschützten
Stellen anzutreffen sind. Wein und Tabak, Hopfen und Hanf, edle
Kastanien und Walnüsse, Pfirsiche und Aprikosen werden hier in großen
Mengen erbaut.
Wie kommt es nur, daß in der Rheinebene so viele edle
Gewächse gedeihen? Die Rheinebene zeichnet sich durch große Frucht-
barkeit aus. Der Bodeu besteht aus einem feinen sandigen Lehm, der sehr
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T15: [Wein Getreide Baumwolle Tabak Kaffee Obst Weizen Reis Zucker Kartoffel]]
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3. Die oberrheinische Tiefebene.
49
Thälern durchbrochen. Dichte Wälder bedecken die höheren Teile der Ge-
birge, während die sonnigen Hänge der Vorberge mit Weingärten und
Obsthainen bepflanzt sind.
Welche Bedeutung haben diese Geb irgsränder für die
Rheinebene? Diese Gebirgsränder sind natürliche Schutzmauern und sind
die Ursache, daß in der Rheinebene ein so mildes Klima herrscht. Sie der-
sperren den rauhen Ost-, Nordost- und Nordwestwinden den Zutritt.
Welche Bedeutung haben die tiefen Einsattelung eu in den
Gebirgszügen? Sie ermöglichen den Übergang über die Gebirge, stellen
die Verbindung her zwischen der Rheinebene und den' östlich und westlich
gelegenen Landschaften und haben dem Verkehr den Weg gezeigt. In diesen
natürlichen Senken laufen wichtige Verkehrsstraßen hin. Durch die Zaberner
Stiege führen der Rhein-Marne-Kanal, der Straßburg mit Nancy ver-
bindet, und die Eisenbahnlinie Straßburg-Paris. Die Seuke pou Kaisers-
lautern wird von der wichtigen Hauptbahn Frankfurt - Metz durchzogen,
während in der Pforzheimer Senke die Eisenbahn Karlsruhe - Stuttgart
verläuft.
Zusammenfassung: Der Aufbau der Randstufen, (a. Gliederung,
b. Ähnlichkeit.)
2. Woher rührt nun der Wasserreichtum der Randgebirge der
Rheinebene?
Die Bewässerung der Ränder ist recht reichhaltig. Zahlreiche Gebirgs-
bäche haben auf den Höhen der waldreichen Gebirge ihren Ursprung. Außer
Neckar, Donau und Mosel sind die Flüsse meist klein, aber sehr reißend;
zu manchen Zeiten wälzen sie gewaltige Wassermassen thalwärts und bringen
die Thalbewohner oft in große Gefahr. In den höher gelegenen Teilen
sind die Gebirge auch reich an Bergseen und Torfmooren, insbesondere
Schwarz- und Wasgenwald. Hier liegen zwischen dnnklen Tannen in
großer Stille zahlreiche kleine Seen. Von vielen derselben erzählen sich die
Bewohner die verschiedensten Sagen, so z. B. vom Mummel- und Titisee.
sachliche Vertiefung: Wie kommt es, daß die Gebirge so
reich an Quellen, Seen und Torfmooren sind? Wie im Böhmer-
walde und im Thüringerwalde, so fallen auch im Schwarz- und Wasgen-
walde sehr reichliche Niederschläge. Die Wolken werden durch die hohen
Berge gezwungen, sich dort abzuregueu. Der Boden der Gebirge ist aber
wenig durchlässig, und daher rührt der Reichtum an Quellen, Seen und
Mooren. — Schwarz- und Wasgenwald bauen sich (ähnlich wie der Böhmer-
und Thüringerwald) aus hartem Gneis, Granit und Porphyr auf, der im
Süden fast alle Bergkuppeu bildet, während er im Norden vorwiegend von
dem Buntsandstein bedeckt ist.
Wie kommt es uur, daß die Gebirgsbäche so wild und
reißend sind? Sie Habensich aus dem steilen Abhang der Gebirge ent-
wickelt; da der Lauf von der Quelle bis zur Müudung sehr kurz, der Höhen-
unterschied aber sehr bedeutend ist, so haben diese Gebirgsslüsse ein sehr
starkes Gefälle. Ihr Lauf ist also naturgemäß wild und reißend.
Fritzsche, Handbuch f. d. erdkundlichen Unterricht. 4
TM Hauptwörter (50): [T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
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TM Hauptwörter (200): [T139: [Donau Rhein Main Tiefebene Teil Jura Alpen Tiefland Gebiet Fluß], T14: [Gebirge Wald Teil Höhe Berg Harz Thüringer Bergland Gebirg Weser], T36: [Rhein Mosel Lahn Mainz Stadt Bingen Taunus Bonn Main Ufer], T83: [Klima Winter Sommer Land Meer Wind Regen Niederschlag Zone Gebirge], T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See]]
50 I. Abschnitt. Die Landschaften und Staaten Süddeutschlands.
Zeigt sich in den beiderseitigen Zuflüssen nicht mancherlei
Verschiedenheit? Die Zuflüsse, welche der Wasgenwald zum Rheine
sendet, sind meist nicht so lang als die -Schwarzwaldflüsse. — Auch au
Wasserfülle stehen die Wasgenwaldbäche den Schwarzwaldbächen nach, und
es kommt im Sommer nicht selten vor, daß die Wasgenwaldbäche zu ver-
siegen drohen.
Worin ist dieser Unterschied begründet? Der Schwarzwald
ist kein Kammgebirge wie der Wasgenwald. sondern gleicht mehr einem
Hochplateau mit aufgesetzten Kuppen. Die Wasserscheide liegt im Schwarz-
walde ziemlich weit im Osten. Der Wasgenwald dagegen ist ein Kamm-
gebirge (wenigstens in seinem südlicheu und mittleren Teil), das seinen
kurzen, steilen Abhang dem Rheine zukehrt. Aus dem kurzen Abhänge aber
können sich auch nnr kurze Flußläufe entwickeln. — Daß die Wasgenwald-
bäche nicht so wasserreich sind, rührt daher, daß ans dem östlichen Abhänge
des Wasgaues nicht so reichliche Niederschläge fallen als auf der West-
seite des Schwarzwaldes. (Die Regenwolken, die von Westen kommen,
werden am Westabhange ausgehalten und gezwungen, einen großen Teil
ihres Wassergehaltes fallen zu lassen. Bei Kolmar beträgt die jährliche
Niederschlagsmenge ca. 500 mm, im Breisgan aber ca. 1000 mm, auf den
Höhen ist diese Menge natürlich noch stärker.)
Welchen Einfluß haben Gesteinsbau und Wasserreichtum
aus die Bodenfruchtbarkeit ausgeübt? Die Gesteine, welche die Ge-
birge aufbaueu, bilden bei ihrer Verwitterung einen tiefgründigen fruchtbaren
Erdboden, namentlich Gneis, Granit und Porphyr; aber auch die Ver-
Witterungserde des Buntsandsteins ist nicht unfruchtbar. Sie eignet sich, wie
wir bereits wissen (Saal-Elsterplatte!), ganz besonders für den Waldbau.
Der Fruchtbarkeit des Bodens und der großen Feuchtigkeit ist die Üppigkeit
des Baum- und Graswuchses zuzuschreiben.
Welche Bedeutung haben Wald und Wasser für die Be-
wohner der Gebirge? Wald- und Wasserreichtum der Gebirge haben
die Entwicklung mancher Erwerbszweige begünstigt. Zahlreiche Holzfäller
schlagen die riesengroßen Tannen und Fichten nieder und flößen dieselben
auf den wasserreichen Gebirgsslüssen hinab zum Rheine, zur Jll, zum Neckar
oder zum Maine. Hier werden sie zu großen Flößen vereint und sodann
rheinabwärts bis nach Holland gebracht, wo man das Holz besonders zu
Schisssbauten verwendet. — Der Holzreichtum des Gebirges hat eine mannig-
fache Holzindustrie hervorgerufen, ähnlich wie im Thüringer Walde. (Aus-
malen!) An den Gebirgsbächen findet man zahlreiche Sägewerke, Mühlen
und Glashütten. Im dunklen Hochwalde aber baut der rußige Köhler
seine Meiler und brennt hier in der Waldeinsamkeit die Holzkohle. — Im
Schwarzwald hat sich außerdem noch die Uhrenfabrikation entwickelt; da
werden in vielen Gebirgsorten die berühmten Schwarzwälder Uhren ver-
fertigt (z. B. die Kuckucks- und Wachtelnhren), die sich durch schönes Schnitz-
werk vor allen anderen auszeichnen. — Das klare Wasser der Gebirgsbäche
und die weiteu Wiesenslächen begünstigten die Entwicklung der Leineweberei,
und die starke Wasserkraft der Bäche ermöglichte die Anlage von Spinnereien
TM Hauptwörter (50): [T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
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TM Hauptwörter (200): [T14: [Gebirge Wald Teil Höhe Berg Harz Thüringer Bergland Gebirg Weser], T119: [Fluß See Kanal Strom Lauf Wasser Land Ufer Mündung Elbe], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T139: [Donau Rhein Main Tiefebene Teil Jura Alpen Tiefland Gebiet Fluß], T24: [Luft Wasser Wärme Körper Erde Wind Regen Höhe Temperatur Schnee]]
Extrahierte Ortsnamen: Rheine Wasgenwald Rheine Breisgan Rheine Maine Holland Schwarzwald
132 Ii. Abschnitt. Die Landschaften und Staaten Mitteldeutschlands.
segnetsten Strichen unseres deutschen Vaterlandes. Hier gedeiht in üppiger
Fülle die edle Rebe, aus deren Traubensaft der perlende Rheinwein gepreßt
wird. Überall im Thale und an den Höhen breiten sich darum ausgedehnte
Weingärten ans. Daneben finden sich aber auch herrliche Obstanlagen, in
denen außer Äpfelu und Birnen auch Pfirsiche, Aprikosen, edle Kastanien
und Wallnüsse gezogen werden.
Wie kommt es wohl, daß im Rheingau Obst und Wein so
trefflich gedeihen? Das Gedeihen der Weinrebe hängt von der Boden-
beschaffenheit und von der Witterung ab. Der Boden des Rheingaues ist
sehr kalkhaltig, während die Bergwände zumeist aus Schieserselsen gebildet
werden. Dieser Boden verleiht den Reben das üppige Wachstum; denn
er wird von den Sonnenstrahlen sehr leicht und schnell erwärmt. Die starke
Erwärmung des Bodens wird noch dadurch befördert, daß die Sonnen-
strahlen denselben beinahe in einen rechten Winkel treffen. Dazu kommt,
daß die Witterung im Rheingau dem Weinbau überaus günstig ist. Der
Rheingau ist vor den rauhen Ost- und Nordwinden geschützt, und das Klima
ist äußerst mild. Wenn zu uns der Frühling seine ersten Boten sendet, da
steht im Rheingau schou alles in vollster Blüte, und wenn bei uus durch
die ersten Nachtfröste Blüten und Blätter geknickt werden, da erfreuen sich
die Winzer des Rheingaues noch einer warmen Witterung.
Woher rührt wohl die kalkige Beschaffenheit des Rhein-
gaubodens? Der Rheingau war wie einst die oberrheinische Tiefebene ein
weiter See. Als aber das Wasser bei Bingen sich einen Ausweg gegraben
hatte, da entleerte sich dieser See nach und nach, und das Wasser ließ aus
dem Boden des alten Sees den kalkigen Niederschlag zurück.
Worin ist die milde Witterung des Rheingaues begründet?
Der Rheingau wird im Norden von dem Taunus begrenzt. Die waldigen
Höhen dieses Gebirgsrückens verhindern das Eindringen der rauhen Nord-
und Nordostwinde.
Warum sind auch die Abhänge der Gebirge mit Reben be-
pflanzt? Die Abhänge sind sehr steil und darum für Pflug und Zugtier
unzugänglich; wegen ihrer sonnigen Lage eignen sie sich besonders zur An-
pslanzuug der Weinrebe. Hier wird die Rebe mehrmals „geglüht"; denn
sie wird nicht nur von der glühenden Mittagssonne bestrahlt, sondern auch
von den wärmenden Strahlen, welche der dunkle Schieferboden, und der
Spiegel des Rheius zurückstrahlen, beschienen. Dadurch wird der Wem be-
sonders gut.
Ist der Weiubau nicht eine mühevolle Beschäftigung? Der
Boden erfordert eine sehr sorgfältige Bearbeitung. In jedem Frühjahre
muß der Boden gelockert und gedüngt werden. Das ist eine sehr beschwerliche
Arbeit; deuu der Winzer kann nicht wie der Ackerbauer Pflug und Zugtier
zu Hilfe nehmen, sondern muß alles selbst mit seiuer Hände Arbeit verrichten.
Der Dünger muß in Körben und Holzbutten auf die steilen Hänge gebracht
werden, und die Lockerung des Bodens kann nur mit der Hacke geschehen.
Die Reben müssen an Psählen befestigt werden, damit sie dann später von
den schweren Trauben nicht geknickt werden. Auch das Beschneiden der
Reben und das Reinigen der Weinberge macht viele Mühe. Weiter müssen
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
TM Hauptwörter (100): [T11: [Wein Getreide Boden Viehzucht Weizen Land Pferd Obst Kartoffel Ackerbau], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T5: [Rhein Main Wald Thüringer Teil Schwarzwald Gebirge Neckar Saale Jura], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T24: [Blatt Baum Blüte Pflanze Frucht Wurzel Stengel Stamm Zweig Boden]]
TM Hauptwörter (200): [T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit], T36: [Rhein Mosel Lahn Mainz Stadt Bingen Taunus Bonn Main Ufer], T83: [Klima Winter Sommer Land Meer Wind Regen Niederschlag Zone Gebirge], T124: [Wasser Luft Sauerstoff Körper Stoff Kohlensäure Teil Feuer Pflanze Kalk], T137: [Wein Obst Weizen Kartoffel Frucht Getreide Gerste Hafer Mais Flachs]]
136 Ii. Abschnitt, Die Landschaften und Staaten Mitteldeutschlands.
2. Die obere Rheingasse. *-) Unterhalb des Städtchens Bingen
wendet sich der Rhein in scharfem Knie nach Nordwesten und fließt nun
zwischen den beiden Flügeln des niederrheinischen Schiefergebirges dahin.
In einem tiefen, engen und vielfach gewundenen Thale zwängt er sich
zwischen den steilen Felsen hindurch. Das Thal ist oft so eng, daß kaum
Raum bleibt für die Straßen und Eisenbahnen, die längs der beiden Ufer
des Stromes verlaufen. Dort, wo der stolze Strom durch das Rheinthor
aus dem gesegneten Nheingau in seine enge Felsengasse eintritt, strömt das
Wasser über die Felsenklippen und bildet daselbst gewaltige Strudel. Diese
Stelle des Rheines bezeichnet man in Schifferkreisen als das „Vinger Loch".
Mit scharfen Felsenmassen hängen die steilen Höhen über den Strom. Nur
selten tragen sie Gesträuch, noch seltener Wald; dafür aber schmiegt sich an
diese steilen Abhänge Weinberg an Weinberg. Nicht selten allerdings starren
uns auch kahle Felswände entgegen, die weit in den Strom vorspringen und
aus ihm zu schwindelnder Höhe emporsteigen. Ein solcher ist z. V. der
Loreleifelsen, den der Dichter Heine in seinem Liede besungen hat. Die
steilen Höhen sind gekrönt mit stolzen Ritterburgen, die uns au die längst
entschwundenen Zeiten des Rittertums erinnern. Viele derselben freilich sind
verfallen und schauen nur noch als sagenumwobene Trümmer in das schöne
Thal nieder; gar manche derselben aber ist von den Kriegsstürmen verschont
geblieben oder in ihrer alten Pracht wieder aufgebaut worden. Unterhalb
Bingen, dem Dorfe Aßmannshausen gegenüber, thront auf eiuem Felsvor-
sprung das majestätische Schloß Rheinstein, wo einst Rudolf vou Habsburg
strenges Gericht über die Raubritter des Rheiuthales hielt. Oberhalb der
Lahnmündung erhebt sich auf dem rechten Rheinufer die stattliche Marxburg,
die jüngst in ihrer alten Pracht wiederhergestellt worden ist, und der Lahn-
münduug gegenüber liegt anf steiler Höh die Burg Stolzeufels. Drunteu
im Thal aber liegen zwischen schattigen Obst- und Nußbaumhainen zahlreiche
Dörfer und Städtchen, die weniger durch ihre Größe, als vielmehr durch
ihre reizende Lage, ihre altehrwürdigen Bauten und ihren köstlichen Wein
weit und breit Berühmtheit erlangt haben. Aus ihrer Reihe merken wir
uns Bacharach, Kaub, Oberwesel und St. Goar. Aus deu grüngoldigen
Wogen des Rheinstromes winken zahlreiche kleine Felseninseln herüber. Auf
einer derselben thront mitten im Strome ein wunderliches Gebäude, das
die Pfalz genannt wird und gleich dem Mäuseturm bei Bingen eine mittel-
alterliche Zollfeste ist.
sachliche Vertiefung: Wie. kommt es, daß das Rheinthal von
der Nahe- bis zur Lahnmündung so eng und gewunden ist?
Der Rhein durchbricht auf dieser Srecke das rheinische Schiefergebirge. Vor
tausend und abertausend Jahren bildete die oberrheinische Tiefebene einen
weiten Vinnensee, in den die rings herumliegeudeu Gebirge ihre Gewässer
ergossen. Dadurch füllte sich dieser See nach und nach und floß endlich
über. Das Wasser strömte am nordwestlichen Ende des Sees über die
J) Gewonnen wird diese Schilderung auf Grund verschiedener Bilder. (Der
Rheindnrchluuch bei Bingen. Schloß Rheinstein. Die Pfalz iin Rhein. Rheinland-
schast bei Oberwesel. St. Goar mit der Loreley. Schloß Rheinfels und Stolzenfels.)
TM Hauptwörter (50): [T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
TM Hauptwörter (100): [T5: [Rhein Main Wald Thüringer Teil Schwarzwald Gebirge Neckar Saale Jura], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T48: [Fluß Meer See Strom Land Wasser Mündung Kanal Lauf Ostsee], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
TM Hauptwörter (200): [T36: [Rhein Mosel Lahn Mainz Stadt Bingen Taunus Bonn Main Ufer], T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See], T25: [Stadt Schloß Straße Garten Berg Dorf Nähe Park Ufer Haus]]
Extrahierte Personennamen: Heine Rudolf_vou_Habsburg Rudolf
140 Ii. Abschnitt. Die Landschaften und Staaten Mitteldeutschlands.
Verkehrsstraßen (Mosel-, Rhein- und Lahnstraße). Knotenpunkt von Eisen-
bahnen.
4. Die untere Rheingaffe. *) Unterhalb Andernach tritt der Rhein,
wie die Karte zeigt, abermals in ein enges düsteres Thal ein. Es ist die
untere Felsengasse, die bis Bonn reicht. Schroffe Berge und wundervolle
Felsengruppen wechseln mit kleinen Thalerweiterungen ab. Ju den letzteren
breiten sich Dörfer und kleine Städte aus, und hinter ihnen ziehen sich die
Abhänge hinauf Weinberge und Obsthaine. Mitten in dem Rheinstrome
aber liegen wiederum eine Reihe freundlicher Eilande. Tie größte und
schönste ist die Insel Nonnenwert, die sich südlich des Städtchens Königs-
Winter im Rheine befindet. Unterhalb dieses Eilands befindet sich' das
enge Felsenthor, dnrch welches der Rhein aus seiner Felsengasse austritt.
Den rechten Thorpseiler dieses Felsenthores bildet das herrliche Sieben-
gebirge, an dessen Nordende der Drachenfels kühn emporsteigt. Auf der
linken Seite steigen die steilen Kegel des Rolandseck und des Godesberges
auf, deren Gipfel mit Ruinen gekrönt sind.
sachliche Vertiefung: Woher hat das Siebengebirge seinen
Namen? Das Siebengebirge, das sich auf dem rechten Rheinufer südlich
der Sieg erhebt, hat seineu Namen erhalten von einer Gruppe hoher Berge,
die aus der Hochfläche hervorrageu und in einer Reihe längs des Rheines
sich hinziehen. Aus dieser Kette treten sieben Berge besonders heraus. Die
bedeutendsten derselben sind der Ölberg, die Löwenburg, der Petersberg, die
Wolkenbnrg und der Drachenfels.
Inwiefern sind die Berge des unteren Rheinthores anders
gestaltet als die Berge des oberen Rheinthores? Während das
obere Rheinthor bei Bingen rechts und links von den langgezogenen Höhen-
rücken des Hunsrücks und Taunus gebildet wird, steigen am unteren Ende
der engen Rheingasse einzelne steile Bergkuppen auf, die allesamt Kegelform
aufweisen. Auf der linken Seite sind es der steile Rolandsfelsen und Godes-
berg, auf der rechten Seite dagegen die Bergkegel des Siebengebirges.
Woher kommt es wohl, daß wir hier mitten im Schiefer-
gebirge solche Kegelberge finden? Nicht zum erstenmale treffen wir
auf unserer Wanderschaft durch die deutschen Gaue solche Kegelberge au;
wir haben solche schon mehrfach gefunden. Im schwäbischen Stufenlande
haben wir die Kegelberge des Hohenzollern und Hohenstaufen angetroffen,
und die Vorderrhön fanden wir mit einer großen Zahl solcher Kuppen be-
setzt. Diese bestehen sämtlich aus hartem Basaltstein und sind dnrch die Ge-
walt des Feuers entstanden. Da die Kuppen des Siebengebirges dieselbe
Gestalt haben, so müssen sie aus demselben Gestein, also auch aus Basalt
bestehen. Dieser hat in uralter Zeit die Schiefermasseu durchbrochen und
die Kegelberge aufgebaut.
Woher mögen Drachenfels, Godesberg und Rolandsfels
ihren Namen haben? Hier am Drachenfels foll die Drachenschlucht ge-
legen haben, wo einst Held Siegfried den Drachen tötete und sich in seinem
Blute badete. An den Abhängen reift ein feuriger Wein, der noch heute zur
i) Bilder: Der Rhein und das Siebengebirge. Bonn und das Siebengebirge.
TM Hauptwörter (50): [T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau]]
TM Hauptwörter (100): [T5: [Rhein Main Wald Thüringer Teil Schwarzwald Gebirge Neckar Saale Jura], T49: [Berg Gebirge Höhe Fuß Ebene Seite Gipfel Gebirg Elbe Meer], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde]]
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152 Il Abschnitt. Die Landschaften und Staaten Mitteldeutschlands.
In zahlreichen Schächten, die trichterförmig (Zeichnung!) angelegt sind, wird
die weiche Thonmasse gewonnen. Mit scharfen Thonmessern schneiden die
Thongräber den fettigen Thon ab, werfen ihn in Äübel, welche an Seilen
zu Tage gefördert werden.
4 Woher rührt wohl der viele Thon?
Die ausgedehnten Thonlager des Westerwaldes sind durch die Ver-
Witterung verschiedener Steine gebildet. Die Hauptgesteine, die zur Bildung
des Thons beigetragen haben, sind Granit, Basalt und Porphyr. Das
Wasser hat die zerriebenen Gesteine von ihrer ursprünglichen Lagerstätte
fortgeschwemmt und an dieser Stelle abgesetzt.
5. Inwiefern ist der Ober-Westerwald die Heimat der Berg-
und Hüttenleute?
Der Ober-Westerwald ist die Heimat des Berg- und Hüttenmanns.
„Hier giebt es wenige Familien, welche nicht bei Berg- und Hüttenwerken
beschäftigt oder beteiligt sind." Wohin wir uus auch wenden, da finden
wir den Boden von Stollenmündungen durchwühlt. Aus den zahlreichen
Bergwerken werden Eisensteine in großen Mengen zu Tage gefördert, aber
auch Blei- Kupfer- und Silbererze werden gewonnen. Die erbeuteten Erze
aber werden in zahlreichen Hüttenwerken, aus denen Rauchwolken an Rauch-
wölken emporsteigen, geschmolzen. Die Mittelpunkte des Eisenbergbaues und
der Eisenverhüttung sind die Städte Siegen an der Sieg und Wetzlar an
der Lahn.
6. Warum bilden Bergbau und Hüttenarbeit die Hauptbeschäftigung
der Westerwälder?
Der Westerwald ist eine rauhe Hochfläche, über die meist kalte Winde
hinwegfegen. Das verrät uns schon sein Name; denn Westerwald heißt
eigentlich weißer (Wister-) Wald, weil seine Höhen frühzeitig beschneit sind.
Die Unwirtlichkeit des Westerwaldes hat verschiedene Ursachen. In erster
Linie ist schuld daran die schutzlose Lage der Höhen. Die Hochflächen sind
zum größten Teil unbewaldet, daher haben die kalten Nord- und Ostwinde
ungehindert Zutritt. Ein weiterer Grund liegt in der großen Feuchtigkeit.
Die vom Meer herüberkommenden West- und Nordwestwinde verursachen
viele Regen, und so wird die Luft feucht. Der Boden endlich nimmt die
Feuchtigkeit in großen Mengen auf, läßt sie aber nicht hindurch, weil dar-
unter eine thonige Bodenschicht lagert. Dazu kommt, daß die Hochflächen
zahlreiche Mulden ausweisen, die dem Wasser den Abfluß erschweren. In-
folge des rauhen Klimas eignen sich die Hochflächen des Westerwaldes nur
iu geringem Maße zum Ackerbau. Hafer, Gerste, Flachs und Kartoffeln
sind die einzigen Feldsrüchte, die der Westerwälder baut. Obst gedeiht hier
oben nicht. Der Volkswitz sagt: „Die Kirschen brauchen auf dem hohen
Westerwalds zwei Jahre zur Reife; im ersten werden sie auf der eiuen
TM Hauptwörter (50): [T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe]]
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TM Hauptwörter (200): [T95: [Gestein Schicht Wasser Boden Erde Granit Gebirge Masse Sand Teil], T83: [Klima Winter Sommer Land Meer Wind Regen Niederschlag Zone Gebirge], T107: [Eisen Gold Silber Kupfer Blei Metall Salz Zinn Stein Mineral], T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit], T36: [Rhein Mosel Lahn Mainz Stadt Bingen Taunus Bonn Main Ufer]]
8. Das rheinische Schiefergebirge. 159
der Eifel viele feuerspeiende Berge in Thätigkeit gewesen. An mehr als
80 Stellen sind da die fenrigen Gesteinsmassen ans dem Erdinnern hervor-
gebrochen und haben an den verschiedensten Stellen Kegelberge ans Basalt,
Lava oder Bimsstein ausgebaut oder haben weite Flächen der Hochebene
bedeckt.
6. Ob wohl noch gegenwärtig Spuren dieser Vulkane vorhanden
sind?
Die Eifel wird an verschiedenen Stellen bedeckt von eigenartigen Bergseen,
die teils auf den Kegelbergen, teils auf der Hochfläche gelegeu sind. Es
sind dies die Öffnungen, aus denen einst die glühenden Gesteinsmassen her-
vorquollen, (Krater) und die sich — als die Vulkane erloschen waren —
mit Wasser angefüllt haben. Das Wasser dieser Seen (Maare) hat
einen säuerlichen Geschmack. An vielen Stellen der Eifel quillt solch säuer-
liches Wasser auch aus der Erde. Solche Quellen — die man ihres säuerlich
schmeckenden Wassers wegen Sauerbrunnen nennt -— finden sich z. B. im
Thale der Ahr, Brohl und Kyll. Das Wasser der Sauerbrunnen besitzt
Heilkraft und wird darum zum Baden und Trinken benutzt. Es wird auch
in großen Mengen nach auswärts versaudt. (Beispiele!)
Zusammenfassung: Die Eifel, das Land der armen Leute. (Lage und
Ansdehnuug; Außennatur. Bodenschätze.)
6. Das hohe Venn.
6. Unterziel: Noch eine kurze Wanderung durch das Reich des Nebels.
1. Wo hat der Nebel seine Herrschast aufgeschlagen?
Es ist das hohe Venn, das sich nach Nordwesten zu an die öde Hoch-
fläche der Eifel anschließt und sich von der Roer bis zur Maas erstreckt.
Hier hat der Nebel seine Herrschaft aufgeschlagen; denn den ganzen Sommer
hindurch erscheint die Hochfläche des hohen Venn in dichte Nebel gehüllt,
die das Sonnenlicht verschleiern.
2. Wie kommt es nur, dasz das hohe Venn während des Sommers
beständig in dichte Nebel gehüllt ist?
Das sagt uns schon der Name des Gebirges. Venn heißt nämlich
Moor, hohes Venn also hohes Moor. Die ganze Hochfläche ist nämlich mit
ausgedehnten Moorgründen bedeckt, die sich oft stundenlang hinziehen. Das
größte dieser Moore, das im Nordwesten gelegen ist. ist 7 Stunden lang
und 21/2 Stunden breit. (Vergleich!) Aus diesen beiden Moorgründen
steigen während des Sommers die Wasserdünste empor und lagern sich
dann als dichte Nebel über der Hochfläche.
TM Hauptwörter (50): [T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
TM Hauptwörter (100): [T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T5: [Rhein Main Wald Thüringer Teil Schwarzwald Gebirge Neckar Saale Jura], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
TM Hauptwörter (200): [T95: [Gestein Schicht Wasser Boden Erde Granit Gebirge Masse Sand Teil], T14: [Gebirge Wald Teil Höhe Berg Harz Thüringer Bergland Gebirg Weser], T24: [Luft Wasser Wärme Körper Erde Wind Regen Höhe Temperatur Schnee], T36: [Rhein Mosel Lahn Mainz Stadt Bingen Taunus Bonn Main Ufer], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze]]
1 60 Ii- Abschnitt. Die Landschaften und Staaten Mitteldeutschlands.
3. Was haben Moor und Nebel zur Folge gehabt?
Die rauhe Witterung und der sumpfige Boden gestatten nur einen ganz
geringen Anbau. Daher ist die Hochfläche des hohen Veun auch zumeist
kahl und öde. Nur Heidekraut und Preißelbeersträucher bedecken hier und
da den Boden, und nur vereinzelt ragen aus der öden Heide einige niedrige
Tannen heraus, die vom Sturme gar arg zerzaust sind. Daher ist das
hohe Venn auch nur spärlich besiedelt. Sluudeulaug muß man wandern,
ehe man eine menschliche Niederlassung trifft. Nur wenige Dörfer, deren
Häuser zerstreut liegen, finden sich auf dem Venn. Ihre Dächer find mit
Moos bewachsen und reichen oft bis dicht auf die Erde herab. Die einzeln
liegenden Gehöfte sind von hohen Hecken umgeben, die vor den rauheu
Stürmen, die über die Hochfläche dahinfegen, Schutz gewähren sollen.
4. Womit mögen sich die armen Leute im hohen Venn beschäftigen?
Die Bewohner des hohen Venn ziehen im Sommer und Herbst hiuaus
auf die Heiden und sammeln Beeren, die sie dann in die benachbarten
Städte schaffen und dort feilbieten. Frauen und Männer suchen die aus-
gedehnten Moorgrüude auf, graben in denselben die obere Schlamm-
schicht ab und stechen dann das darunter lagernde Torf ab. Daraus be-
reiten sie die Torfziegel, die ihnen als Brennmaterial dienen, oder die Torfstreu.
5. Qb denn überall im hohen Venn solche Armut herrscht?
Das kann nicht sein; denn am Nordrande des hohen Venn liegen, wie
uns die Karte sagt, mehrere größere Städte. Unter ihnen befindet sich sogar
eine Großstadt. Es ist die Stadt Aachen, die Residenz Kaiser Karls des
Großen. Hier muß eine lebhaste Industrie sich entwickelt haben. Am
Nordrande der Eisel befinden sich ausgedehnte Steinkohlenlager, die sich von
Aachen bis Eschweiler hinziehen. Es ist dies das Aachener Kohlenbecken.
Aber auch verschiedene Erze, insbesondere Eisen-, Blei- und Zinkerze werden
am Nordfuße der Eifel gegrabeu. Es hat sich infolgedessen in Aachen und
den benachbarten Städten eine lebhafte Industrie entwickelt. Hunderte von.
Fabriken sind hier in Betrieb, in denen Metall-, Glas-, Tuch-, Papier- und
Lederwaren gefertigt werden. Auch heilkräftige Mineralwässer sprudeln aus
dem Erdinnern hervor, und zahlreiche Badegäste kommen aus den ver-
schiedensten Gegeuden nach Aachen oder Burtscheid, um durch die Heilkraft
dieser Mineralwässer ihre Gesundheit zu kräftigen.
Ausammenfassung: Das hohe Venn, das Reich des Nebels. (Lage
und Ausdehnung. Moor- und Nebelbildung im hohen Venn. Besiedelung
und Beschäftigung. Bodenschätze und Jndustrieplätze.)
Rückblick.
Der westliche Flügel des rheinischen Schiefergebirges.
a) Die Glieder des westlichen Schiefergebirges. (Namen. Lage und
Ausdehnung.)
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe]]
TM Hauptwörter (100): [T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T5: [Rhein Main Wald Thüringer Teil Schwarzwald Gebirge Neckar Saale Jura], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
TM Hauptwörter (200): [T14: [Gebirge Wald Teil Höhe Berg Harz Thüringer Bergland Gebirg Weser], T32: [Wald Baum Boden Eiche Steppe Höhe Ebene Wüste Teil Tanne], T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T83: [Klima Winter Sommer Land Meer Wind Regen Niederschlag Zone Gebirge]]
166 Ii. Abschnitt. Die Landschaften und Staaten Mitteldeutschlands.
Nadel- und Laubwäldern bedeckt, die von Hochmooren und Heidestrecken
unterbrochen werden. Menschliche Niederlassungen sind auf den Höhen im
Vogelsgebirge nur selten anzutreffen; die Ortschaften liegen meist in den
ties einschneidenden Thälern des Gebirges. Meist sind dieselben klein und
bestehen aus niedrigen, armseligen Häusern.
sachliche Vertiefung: Inwiefern kann das Vogelsgebirge als
ein selbständiges Gebirge bezeichnet werden? Es hat eine freie
Lage, steigt mitten aus der Ebene auf, ist von den benachbarten Gebirgen
vollkommen geschieden, weist eine andere Gestalt auf als diese. Dies deutet
an, daß es auch aus anderen Gesteinen aufgebaut ist.
Was sagt uns die Kegelform des Vogelsberges von seinem
Gesteinsbau? Da das Bogelsgebirge unmittelbar aus der Ebene wie
ein Kegel aufsteigt, so muß es vom Feuer gebildet worden sein. Die feuer-
slüssigeu Massen haben die Gesteinsschichten des Landes durchbrochen und
nach ihrem Erkalten die Basaltmasse des Vogelsgebirges gebildet.
Welche Bedeutung hat der Gest einsbau des Gebirges für
die Bewohner? Die harten Basaltsteine liefern ein treffliches Bau-
Material, das man zum Straßenpflastern und zum Häuserbau verwendet.
Daher ist der Basalt sehr gesucht. Die Bewohner brechen daher in zahl-
reichen Basaltbrüchen die festen Steine, die dann in die benachbarten Städte,
besonders nach Frankfurt, Hanau, Würzburg, Kassel u. s. w. geschafft werden.
Der Basalt liefert durch Verwitterung auch eine gute Ackerkrume. Daher
ist der Boden nährkräftig.
Warum ist aber das Gebirge so wenig angebaut? Das
Klima ist rauh und kalt; deshalb kann sich der Pslanzenwnchs nicht üppig
entfalten. Besonders kann das Getreide nicht gedeihen. Man kann nur
Gewächse anbauen, die schnell zur Reife kommen. (Hafer, Kartoffeln, Flachs.)
Woher kommt es, daß das Vogelsgebirge sternförmig aus-
strahlt? Das Vogelsgebirge ist sehr quellenreich. Es rinnen infolgedessen
zahlreiche Bäche von seinem Rücken die Abhänge hinab. Dadurch werden
dieselben in lauter Strahlen zerschnitten.
Woher rührt der Quellenreichtum? Das Gebirge hat eine
freie Lage; sein Rücken ist mit dichten Waldungen bedeckt. Dadurch werden
die von Westen und Nordwesten heranziehenden Wolken festgehalten. Es
gehen reichliche Niederschläge nieder. Infolgedessen haben sich Moore ge-
bildet. Die ausgedehnten Wälder halten viel Wasser fest. Moore und
Wälder sind die Ernährer der Quellen.
Warum bezeichnen die Bewohner der Ebene den Vogels-
berg mit dem Spottnamen Heidelbeerprovinz oder „hessisches
Sibirien"? Das Klima ist infolge der bedeutenden Höhe, der freien
Lage und der zahlreichen Niederschläge sehr rauh; Ackerbau kann darum uur
in geringem Maße betrieben werden; denn das Getreide kommt vielfach
nicht znr Reife. Die Heideflächen und der Waldboden sind weit und breit
mit Heidelbeerkraut bestanden.
Welchen Wert hat wohl der Wasserreichtum für die Be-
wo hu er? Der Wasserreichtum ist dem Wald- und Graswnchs förderlich.
Darum finden sich ausgedehnte Wälder und Wiesen. Daher wird die Viehzucht,
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau]]
TM Hauptwörter (100): [T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T5: [Rhein Main Wald Thüringer Teil Schwarzwald Gebirge Neckar Saale Jura], T11: [Wein Getreide Boden Viehzucht Weizen Land Pferd Obst Kartoffel Ackerbau]]
TM Hauptwörter (200): [T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit], T95: [Gestein Schicht Wasser Boden Erde Granit Gebirge Masse Sand Teil], T14: [Gebirge Wald Teil Höhe Berg Harz Thüringer Bergland Gebirg Weser]]